Rückblick auf das Glockenspieljubiläum am 06.10.2019
Am 06.10.2019 fand ein Konzert anlässlich des 80jährigen Bestehen des Lößnitzer Bronzeglockenspiels und des 120jährigen Jubiläums der Jehmlich-Orgel in der St. Johanniskirche statt. Aufgrund der Inschriften mit klarem bezug zur NS-Ideologie, welche die öffentliche Diskussionen und die damit verbunden Aufarbeitung in den letzten Monaten zutage gefördert hatte, begann die Veranstaltung mit einer Gedenkminute für die Opfer des NS-Regimes: Den Text der dazu verlesen wurde, finden Sie hier.
gez. Pf. Raphael Weiß, Lößnitz, 06. Oktober 2019
Diskussionsveranstaltung / Podium zum Lößnitzer Bronzeglockenspiel am Di, 24.09.2019 in der Erzgebirgshalle
Am 24.09.2019 fand in der Erzgebirgshalle in Lößnitz auf Initiative der Stadt Lößnitz hin, eine Podiumsveranstaltung zum weiteren Umgang mit dem Lößnitzer Bronzeglockenspiel statt. Der Votrag des Bürgermeisters Alexander Troll, sowie weitere Stimmen, z.B. von Nikolai Hager sind hier nachzulesen.
Als Kirchgemeinde haben wir deutlich gemacht, dass auch kirchliche Vertreter damals (insbesondere bei der Einweihung des Glockenspiels 1939), die Dimension und die Folgen der NS-Ideologie verkannt und sich damit gemein gemacht haben:
„Erschreckend ist auch, wie Pf. Mehner, der damalige Lößnitzer Pfarrer, zur Weihe davon gesprochen hat, dass die Glocken im Geiste dieser Vision und des Führers erklingen sollen … ich zitiere: „Möge das Glockenspiel erklingen zur Ehre Gottes, zur möge es wecken die Liebe zur Heimat und möge es rufe zur Treue gegen Führer und Reich, denn das Spiel ist zugleich auch gestiftet als Zeichen des Dankes gegenüber Führer und Bewegung.“
Das war das Ansinnen – das Glockenspiel als ideologische Stütze der NS-Ideologie. Auch wenn von da an dieses Lied [Horst-Wessel-Lied] nicht mehr erklungen ist – der Vertrag von 1940 zwischen Kirche und Stadt regelte klar, welche Lieder gespielt werden durften – und wenn das Glockenspiel nach dem Krieg in friedlicher Absicht wieder eingerichtet wurde und den Inschriften zum Trotz Melodien wie Freude schöner Götterfunken gespielt hat, wo nach Brüderlichkeit und friedlichem Miteinander alle Menschen gerufen wird, bliebt diese düstere Vorgeschichte …“
gez. Pf. Raphael Weiß, Lößnitz, 06. Oktober 2019
Erneute Debatte um das Lößnitzer Bronzeglockenspiel:
Durch einen offenen Brief an Bürgermeister Alexander Troll hat der VVN-Bda-Chemnitz die Debatte um das Glockenspiel noch einmal in die Öffentlichkeit getragen (siehe unten – Stellungnahme Ostern 2019). Die Freie Presse hat in Artikeln am 13.07. / 19.07. und zuletzt am 25.07. dazu unterschiedliche Meinungen und zahlreiche Leserbriefe veröffentlicht. Beim Lößnitzer Bronzeglockenspiel handelt es sich (nach Auskunft eines Vereinmitgliedes) um das zweitälteste Bronzeglockenspiel in Deutschland, dass den Titel Carillon tragen darf. Leider trägt es als 1938 von Frau Clara Pfauter der Stadt Lößnitz zum 700jährigen Jubiläum gestiftetes Instrument auch deutliche Bezüge zu NS-Ideologie dieser Zeit (zu Details siehe Stellungnahme von Ostern 2019). Das Unrecht, das damals geschehen ist, lässt sich nicht wiedergutmachen, es darf aber auch nicht vergessen werden. Insofern setzten wir uns im Gespräch mit den Akteuren dafür ein, dass auch dieser Teil der Geschichte des Glockenspiels aufgearbeitet wird, aber so, dass das Glockenspiel als Mahnmal und warnender Zeuge für zukünftige Generationen erhalten bleibt. Zurzeit ist z.B. die Anbringung einer Informationstafel im Gespräch. Was die weitere Geschichte des Glockenspiels und die Verwendung in neuerer Zeit angeht, hat das Glockenspiel eine Umdeutung erfahren, auf die Bürgermeister A. Troll bereits in den oben genannten Interviews deutlich hingeweisen hat.
Pfarrer Raphael Weiß, Lößnitz, 27. Juli 2019
Weiter Informationen zur Debatte: Stellungnahme der Stadt Lößnit
Jubiläum des Bronzeglockenspiels – Diskussion um Inschriften aus der NS-Zeit
In der Ev.-luth. Kirche in Mitteldeutschland (EKM) wird seit Februar eine Diskussion um Glocken mit nationalsozialistischen Inschriften geführt. Die Staatsanwalzschaft Erfurt sieht im Falle der in der EKM betroffen Kirchenglocken den Strafbestand einer Volksverhetzung nicht erfüllt. Das Läuten von Glocken mit entsprechender Inschrift „billige nicht die nationalsozialistische Gewalt & Wilkürherrschaft“ (siehe mdr). Die EKM/Landesbischöfin Junkermann prüft nun zusammen mit den betroffenen Kirchgemeinden das weitere Vorgehen.
Diese Diskussion hat kurz vor Ostern auch unsere Landeskirche erreicht. Einige Tage vor Ostern konnte man in der Freien Presse einen Artikel des epd mit dem Titel „Nazi-Glocken läuten auch in Sachsen“ lesen, in dem auch der Name unserer Kirchgemeinde fiel. Zur Klarstellung einige Sätze dazu:
Betroffen sind nicht die Läuteglocken unserer Kirche, sondern die Glocken des Lößnitzer Bronzeglockenspiel, das sich im Eigentum der Stadt befindet. Tatsächlich tragen 4 der Glocken des Lößnitzer Bronzeglockenspiels, das 1938 von Frau Pfauter gestiftet wurde, derartige Inschriften. Unser ehemaliger Ortschronist Herbert Göppert hat 1994 drei Artikel dazu im Lößnitzer Heimatblatt veröffentlicht. Zeitzeugen berichten, dass dieser Sachverhalt im Laufe der 80jährigen Geschichte immer wieder in der Stadt thematisiert wurde. Bisher wurden diese Inschriften, die wie die Glocken Zeugnis einer wechselhaften Geschichte sind, als Mahnmal gesehen. Im Rahmen des Glockenspieljubiläums wird deshalb auch dieses Thema deutlich angesprochen und thematisiert werden. In welcher Form dies angemessen geschehen kann wird zurzeit intensiv zwischen Stadt, Glockenspielverein und Kirchgemeinde diskutiert.
Für Rückfragen stehen Herr Rother vom Glockenspielverein, Bürgermeister Alexander Troll und Pf. Raphael Weiß gern zur Verfügung. (gez. Ostern 2019)